Ich bin gerade ziemlich angepisst, denn eigentlich hatte ich schon komplett den ersten Rundgang durch Oslo fertig geschrieben gehabt - und ich hab mir echt Mühe gegeben und vieles nachgeschlagen! Wollte eigentlich nur noch ein paar Bildchen für euch einbinden und dann war leider alles unwiderbringbar - wegen dieser verdammten Auto-Speicherung - weg. Warum speichert es auch genau in dem Moment, in dem man es am wenigsten brauchen kann?? Memo an mich: immer schön Backups machen, wenn ich was geschrieben habe...
Wie dem auch sei, vor nun schon einiger Zeit hatte ich wunderbaren Besuch hier in Oslo, die zufällig in ihrem Handgepäck noch sehr viel Sonnenschein dabei hatte. Und so konnte ich ihr Oslo bei bestem Postkartenwetter zeigen und bin auf die Idee gekommen auch die Highlights dieser Stadt nicht vorenthalten zu wollen.
Beginnen werde ich meinen virtuellen Rundgang entlang der Hauptstraße Oslos, der Karl Johans Gate, die nach Norwegens erstem König zu Beginn des 19 Jahrhunderts
Karl XIV. Johan - eigentlich französischer Abstammung aber vom vorhergehenden schwedischen König aufgrund dessen Kinderlosigkeit adoptiert - während der Personalunion mit Schweden benannt wurde und einmal vom Herrschaftssitz des Königs entlang dem Nationaltheater, der Universität, entlang am Grand Hotel und Parlament zum heutigen Hauptbahnhof führt und somit schon fast alle Sehenswürdigkeiten abklappert. Naja, nicht ganz...
Das
Schloss, das als Residenz des Königs dient und auf dessen Vorplatz eine Reiterstatue des Königs Karl XIV. Johan steht, ist verglichen mit anderen Königshäusern mit nur 173 Räumen sehr klein, denn bei der Bauphase des Schlosses, war Norwegen noch alles andere als wohlhabend und konnte sich etwas prunkvolleres nicht leisten. Heute ist es immernoch Wohnsitz der königlichen Familie obwohl im Besitz des Staates, wird aber unter anderem auch als Unterkunft für hohen Staatsbesuch und für politische Besprechungen sowie große politische Dinners und Empfänge genutzt. Dadurch wird jeder Winkel des Schlosses als Gebäude des Staates genutzt und dient nicht nur als Wohnsitz der königlichen Hoheit. Touristisches Highlight soll die Wachablösung sein, die jeden Tag um halb 2 dort durchgeführt wird - meins ist es jedoch nicht...
Das Schloss hinter sich lassend gelangt man zu den Gebäuden der alten Universität, die hier im Jahre 1811 gegründet wurde. Es laufen jetzt schon alle Amok wegen der 200Jahrfeier die deswegen nächstes Jahr hier veranstaltet wird. Vor der Gründung mussten alle, die eine höhere Bildung erlangen wollten an die Universität Kopenhagen gehen, bis Norwegen endlich auf dem langen Weg zu ihrer Eigenständigkeit eine eigene Uni bekommen hat. Heute ist in diesen Gebäuden die juristische Fakultät untergebracht und ermöglicht uns dadurch einen juristenfreien Campus ;-)
Gegenüber der Universität befindet sich das
Nationaltheater. Auch dieses ist ein Zeichen des steigenden Selbstvertrauens und Etablierung einer unabhängigen norwegischen Identität. Das Theater wurde kurz vor dem Ende der Personalunion mit Schweden (1814-1905) im Herbst 1899 eröffnet und zeigt dabei deutlich das immer stärkere patriotische Bewusstsein und den Wunsch nach Unabhängigkeit. Aufgrund
der über
400 Jahre währenden kulturellen Abhängigkeit Norwegens von Dänemark (1380–1814) galt die norwe
gische Sprache zunächst noch als unfein und ungehobelt. Folglich waren überwiegend dänische Schauspieler an norwegischen
Theatern mit ebenfalls dänischen Werken beschäftigt. Erst ab den 1860er Jahren hielt die norwegische Sprache allmählich Einzug auf der Bühne und es wurden immer häufiger norwegische Stücke inszeniert. An diese Entwicklung schloss das Nationaltheatret konsequent an in dem es eine Bühne für ausschließlich norwegische Stücke (vor allem von Henrik Ibsen und Bjørn Bjørnson) bietete.
Weiter entlang der Karl Johans Gate gelangt man zum
Grand Hotel, dem ersten Hotel der Stadt, das die Suit für den Friedensnobelpreisträger bereitstellt. Deshalb ist es zur Tradition geworden, dass sich der Friedensnobelpreisträger am Abend nach der Preisverleihung im Rathaus - zu der die Öffentlichkeit nicht zugelassen ist - sich dem Volk vom Balkon des Hotels zeigt und feiern lässt. Eigentlich war der Termin in meinem Kalender schon fest eingetragen, aber beim aktuellen Stand der Dinge ist noch zweifelhaft ob überhaupt Liu Xia - die Frau von Liu Xiaobo - aus China ausreisen und den Preis in Empfang nehmen darf...
Schließlich wäre da noch das
Stortinget, wörtlich übersetzt "große Versammlung", das norwegische Parlament. Es existiert seit der Verabschiedung der ersten norwegischen Verfassung am 17. Mai 1814 und bestand auch während der bis 1905 andauernden Personalunion mit Schweden, demzufolge war Norwegen seit 1814 komplett von Dänemark unabhängig und in manchen teilen, bis auf das Regierungsoberhaupt auch von Schweden, bis dann 1905 die endgültige Unabhängigkeit erfolgte. Soweit zur Institution Parlament, das Gebäude an sich ist wie ich finde eher untypisch für Norwegen. Dank der konstitutionellen Monarchie wird unter anderem einmal im Jahr - am ersten Samstag im Oktober - das Parlament von Ihrer Hoheit persönlich eröffnet. Zu diesem Anlass gibt es eine lange Parade des Militärs bis schließlich alle Botschafter Norwegens, die Regierungsmittglieder und zu guter letzt das Königspaar den "weiten" weg entlang der aufgereihten Soldaten vom Schloss zum Parlament überwunden haben. Wir haben es uns sogar angeschaut, doch versteckt in ihren dicken Autos hat man eigentlich nicht wirklich was von der Prominenz gesehen. Interessant fand ich es trotzdem...
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Das Auto des Königs |
Das Foyer erscheint einem eher aus der toskanischen Gegend zu stammen, während der Plenarsaal mit dem ganzen Schnick Schnack meiner Meinung nach so auch in Versailles stehen könnte.
Einer norwegischen Tradition entsprechend sitzen die Mandatsträger nicht nach Fraktionen, sondern nach Heimatprovinzen
verteilt im Plenarsaal, wäre zu analysieren ob die Politik dadurch problemzentrierter wird und sich nicht in endlosen Prinzipienreitereien der Parteien verlieren. Die zahlreichen Büroräume in den ringsum angrenzenden Gebäuden sind entspannt durch unterirdische Gänge zu erreichen
Etwas abseits der Karl Johans Gate gelangt man zur
Domkirke - einer für europäische Verhältnisse nur sehr schnucklig kleine Kriche. Dennoch finden hier die königlichen Ehelichungen statt. Architektonisch ist es trotzdem nur sehr unspektakulär und nur der gleichseitige kreuzförmige Grundriss ist entwas ungewohnter, dennoch kann ein Besuch des Hochfestes oder eines der zahlreichen Kirchenkonzerte durchaus interessant sein.
Vom naheliegenden Bahnhof sind es dann nur noch wenige Schritte bis man den neuen Stolz der Stadt erreicht, der anscheinend einem Eisberg nachempfunden in einer Bucht des Oslofjords gestrandet ist, oder wie ich find als Luxusjacht dort vor Anker liegt: Das
Osloer Opernhaus. Die Eröffnungsfeier im April 2008 hat Deutschland einen wunderbar aufregenden Skandal um Angela Merkel - oder besser um ihre Abendgaderobe gebracht, als sie sich versehentlich (?) doch ihrem eigentlichen biologischen Geschlecht erinnert hat und vergessen hatte. Ein Faux-Pas sondergleichen...
Es gilt als ein Muss bei einem Besuch Oslos auch auf dem Dach der Oper zu laufen, wobei man sich nicht nehmen lassen sollte auch das Foyer in Gutacht zu nehmen und eventuell ein paar interessante Fotos zu machen. Die architektonischen Grundlinien ernteten von der Fachwelt einhellig Lob und so wurde das Architekturbüro für den Entwurf des Opernhauses im Jahr 2009 mit dem Mies van der Rohe Award for European Architecture ausgezeichnet.
Im Gegensatz zu den spärlichen 173 Räumen des Schlosses besitzt die Oper eine Fläche von 38.500 Quadratmetern und neben den 3 Bühnen über mehr als 1500 Innenräume. Der Hauptsaal ist sehr modern und nüchtern mit dunkler deutscher Eiche und orangenen Sitzen gestaltet. Die Decke wird von einer modernen Interepretation eines Kronleuchters geziert. Eigentlich ist es eine gestreifte Fläche in Kreisform deren Streifen mit Leuchtioden bestückt sind und dadurch einen leicht silbrigen Schimmer erzeugen. Mit einem Leuchter im eigentlichen Sinne hat das aber nicht mehr viel zu tun... Generell war ich nach der beeindruckenden Architektur des Gebäudes an sich anschließend von der eher gewöhnungsbedürftigen Innenarchitektur im Hauptsaal enttäuscht. Doch das Stück, das wir angeschaut haben (Vier Jahreszeiten) hat uns gut genug davon abgelenkt... ;-)